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Carl Laufs und Wilhelm Jacoby
PENSION SCHÖLLER

Komödie

Premiere: 22. November 2008, TASCH 1

Fotos link

Besetzung:
Inszenierung -
Ausstattung -
Dramaturgie -

Inspizienz -
Regieassistenz -
Soufflage -
David Gerlach
Georg Burger
Annelene Scherbaum

Ito Grabosch
Janina Wolf
Bernd Kruse
PENSION SCHÖLLER

Darsteller:
Philipp Klapproth - Peter Radestock a.G. | Ulrike Sprosser - Christine Reinhardt | Ida - Ina Leschka, Maja Roeder (Theaterlabor) | Franziska - Sonja Pickardt (Theaterlabor) | Alfred Klapproth - Markus Penne a.G. | Ernst Kissling - Daniel Sempf | Fritz Bernhardy - Markus Klauk a.G. | Gröber - Markus Klauk a.G. | Josephine Krüger - Ulrike Knobloch | Schöller - Thomas Streibig | Amalie Pfeiffer - Peter Meyer | Friederike - Franziska Knetsch | Eugen Rümpel - Stefan Gille | Kellner/Jean - Bernd Kruse

Ab Spielzeit 09/10 übernimmt Agniezska Habraschka (Theaterlabor) die Rolle "Franziska" und Anne Margarete Greis die Rolle "Josephine Krüger"


Stück:

Gutsbesitzer Philipp Klapproth hat sich etwas Verrücktes ausgedacht, um seinen Stammtisch zu beeindrucken: Er möchte zu gerne einmal eine Irrenanstalt von innen sehen. Sein Neffe Alfred, der in der Großstadt lebt und überdies eine finanzielle Unterstützung von ihm erhofft, soll ihm dabei helfen. Doch Alfred kennt keine Irrenanstalt. Kurzerhand schickt er den Onkel in die Familienpension Schöller, die für ihre skurrilen Gäste bekannt ist: Da gibt es den unternehmungslustigen Großwildjäger, die sensationslüsterne Schriftstellerin, den bedrohlichen Major und den Neffen des Pensionsdirektors, der trotz eines kuriosen Sprachfehlers unbedingt Schauspieler werden möchte. Fasziniert hört Klapproth den Geschichten der vermeintlich Geisteskranken zu, bis es ihm schließlich zu bunt wird und er abreist. Wenig später jedoch tauchen die Pensionsgäste nach und nach bei ihm zu Hause auf...


Pressestimmen:

Marburger Neue Zeitung 25.11.2008

Traditions-Schwank gekonnt inszeniert
„Pension Schöller“ lebt von skurrilen Typen

Marburg (mho). Mit reichlich Szenen- und nicht enden wollendem Schlussapplaus hat das Publikum die Premiere des Schwanks „Pension Schöller“ im Theater im Schwanhof bedacht.

Es beginnt mit einem absolut irren Blick. Major Gröber (Markus Klauk), längst pensioniert, aber immer noch in Uniform, wittert hinter jedem Satz Intrigen und Beleidigungen. Säße man nicht in einem Theatersaal, bekäme man es mit der Angst zu tun. So aber ist schon dieser erste stiere Blick ein Vergnügen, für das allein sich der Besuch der Aufführung schon lohnt.

Bis zum Schluss hält diese rundum gelungene Aufführung des Hessischen Landestheaters Marburg, was schon die erste Szene versprochen hat. Zwei Gründe gibt es dafür: Erstens ein gutes Stück und zweitens eine gekonnte Inszenierung. Regisseur David Gerlach unterstreicht geschickt die Stärken der „Pension Schöller“ von Carl Laufs und Wilhelm Jakoby, die unter den Schwänken, einer derb-lustigen Spezialform der Komödie, eine Ausnahme bildet. Wie jeder Schwank basiert auch dieses Stück auf Situationskomik, Wortwitz, klischeehaften Figuren und Verwechslungen. Hier aber sind die Irrungen nicht – wie sonst so oft – zufällig, weil gerade mal ein anderer herein kommt, als erwartet worden war. Hier wird die Hauptfigur bewusst in die Irre geführt.

Darsteller beherrschen die Kunst der Übertreibung perfekt

Philipp Klapproth (Peter Radestock), ein wohlhabender Mann aus tiefster deutscher Provinz, will einen abenteuerlustigen Freund übertrumpfen und sich deshalb im großen Berlin als normaler Mensch unter Geisteskranke in einem Sanatorium mischen. Wie er das am besten anstellt, überlässt er seinem Neffen Alfred, der ihn stattdessen in eine Pension mit sehr skurrilen Gästen führt. In dem Irrglauben, es handele sich um Geisteskranke, widerspricht Klapproth keinem ihrer verrückten Vorschläge und amüsiert sich königlich, bis diese die Vorschläge tatsächlich in die Tat umsetzen wollen. Und genau hier stellt die Inszenierung die entscheidenden Weichen. Statt mit einem übertriebenen Naturalismus bis hin zum letzten Gewürzregal, wie man ihn aus vielen Volkstheatern kennt, kommt das Bühnenbild (Georg Burger) bewusst schlicht daher. Dafür sind all die skurrilen Typen geradezu übertrieben naturalistisch. Und sämtliche Darsteller haben die Kraft, von dieser äußeren Übertreibung nicht erdrückt zu werden, sondern sie durch ihr hervorragendes Spiel auch noch zu verstärken. Das gilt besonders für Markus Klauk, der gleich zwei Rollen verkörpert und damit die beste Leistung des Abends abgeliefert hat. Einziger kleiner Makel: Das ewige Lachen des Kellners ist so unbegründet, dass es einfach nur nervt.



Oberhessische Presse

Komisches Solo für Peter Radestock

Marburg. Es ist eine Paraderolle für Peter Radestock, der Narr, der an der Grenze zum Wahnsinn wandelt. In „King Lear“ verkörperte er vor drei Jahren die tragische Variante dieser Figur. In „Pension Schöller“ ist der alternde Gutsbesitzer Philipp Klapproth die heitere Spielart des Narren, der nicht ganz unverschuldet ins Chaos gerät.

von Gabriele Neumann

Klapproth will in der Hauptstadt Berlin etwas erleben, womit er zu Hause in der Provinz so richtig angeben kann; eine Soiree in einer echten Irrenanstalt. Sein Neffe Alfred (blass: Markus Penne) soll ihm Zutritt zu der verrückten Gesellschaft verschaffen. Der ist auf des Onkels Geld angewiesen, kennt aber leider keine Heilanstalt.

Also führt er ihn kurzerhand zur Abendgesellschaft in die Familienpension Schöller. Dort herrscht an exzentrischen Gästen kein Mangel. In Großstadtlaune und der Sicherheit, die Insassen nie wieder zu sehen, verspricht Klapproth den vermeintlich Irren alles, was sie wollen. Mit dem Weltreisenden Bernardy (Markus Klauk) will er auf große Fahrt, der Schriftstellerin Krüger (Ulrike Knobloch) tischt er hanebüchene Familiengeschichten auf, den talentfreien Schauspieler mit Sprachfehler (Stefan Gille) ermutigt er im Darstellenden Fach. Und der Matrone Pfeiffer (Nikolas Deutscher), die ihre Tochter wie sauer Bier zur Hochzeit anpreist, mag er ebenfalls keinen Korb geben.

Das heitere Auf und Ab der kräftig überzeichneten Figuren sorgt beim Marburger Publikum für Erfolg. Der sächselnde Weltreisende, die hysterische Schreiberin, vor allem aber der Möchtegern-Schauspieler mit „N“-Fehler und die berlinernde Heiratskandidatin erhalten Szenenapplaus. Und immer wieder Philipp Klapproth, der sich nonchalant mit der vorsichtigen Neugier eines Zoobesuchers durch die illustre Schar der Gäste bewegt.

Regisseur David Gerlach hat den erfolgreichen Schwank „Pension Schöller“ traditionell inszeniert. Eine sichere Bank, denn die karikaturhaften Figuren sind eine Erfolgsgarantie. Ein Mann in Frauenkleidern (Deutscher) oder ein Major im Stechschritt (Markus Klauk) sind schon ohne Text komisch.

Die Kostüme und das vorwiegend mit schweren blauen Samtvorhängen und einzelnen Möbelstücken erzeugte Interieur der drei Handlungsorte (Ausstattung: Georg Burger) verweisen auf das ausgehende 19. Jahrhundert. 1890 wurde „Pension Schöller“ in Berlin uraufgeführt, die beiden Mainzer Karnevals-Autoren Carl Laufs und Wilhelm Jacoby schrieben wohl nie ein erfolgreicheres Stück.

So wie das Landestheater die Geschichte auf die Bühne gebracht hat, hätte sie auch schon vor 30 oder 50 Jahren zu sehen sein können. Bewusst habe er auf eine Dekonstruktion des Stückes verzichtet, keine Neuerfindungen eingebaut, sagte Gerlach im Pressegespräch vor der Premiere. Nur wenige Anspielungen – etwa die auf Clark Gable beim Vorsprechen des Möchtegern-Schauspielers Rümpel – gehen über den Originaltext hinaus.

Einigen Nebenrollen hätte man mehr Text gewünscht. Thomas Streibig bleibt als Pensionsbesitzer Schöller nur wenig Raum für sein komisches Talent, und auch Christine Reinhardt als Klapproths Schwester Ulrike Sprosser hat kaum mehr Entfaltungsspielraum. Der einzige, der neben Radestocks lockerer, natürlicher Komik bestehen kann, ist Daniel Sempf. Als Trinker und Maler Kissling ist er mitverantwortlich für das Chaos, das später seinen Lauf nimmt. Er hatte dem Neffen nämlich die Pension als Irrenanstaltsersatz empfohlen.

Die Situation eskaliert, als die vermeintlich Verrückten nach und nach auf Klappstocks Landgut auftauchen und die Einlösung seiner Versprechen fordern.

Weltreise, Schauspiel, Hochzeit und ein Duell drohen. Man könnte schier verzweifeln, wäre das gute Ende nicht integraler Bestandteil des Schwanks. Bis es dazu kommt, nimmt „Pension Schöller“ im letzten Drittel noch einmal ordentlich Fahrt auf und lässt die Zuschauer in dem sicheren Gefühl zurück, dass der Unterschied zwischen Normalität und Wahnsinn oft nur sehr, sehr schwer zu erkennen ist. Die honorieren die Erkenntnis mit kräftigem Applaus fürs Ensemble und stürmischem Beifall für Radestock.

Weitere Aufführungen im Theater am Schwanhof: 25., 26. November, 13. Dezember, jeweils 20 Uhr. Silvester 18 Uhr und 21 Uhr (mit anschließender Party).



Gießener Allgemeine Zeitung

Wer ist hier eigentlich verrückt und wer normal?
Wiedersehen mit einer altbekannten Komödie: David Gerlach bringt »Pension Schöller« in Marburg auf die Bühne

Dieses Stück ist einfach nicht totzukriegen und sorgt stets für gute Laune. Carl Laufs’ und Wilhelm Jacobys Schwank »Pension Schöller« – 1890 in Berlin uraufgeführt – hat alle Weltkriege und Modernismen auf deutschen Bühnen unbehelligt überstanden und erfreut in regelmäßiger Urständ die Herzen und Gemüter der Zuschauer. Auch Regisseur David Gerlach unternimmt erst gar nicht den Versuch, die Komödie für seine Inszenierung am Hessischen Landestheater zu aktualisieren – ist es doch gerade dieser Old-fashioned-Charme (Ausstattung: Georg Burger), der dieses Lustspiel so unwiderstehlich macht. Und überhaupt: Warum soll man an der hübschen Grundidee rütteln, die so herrlich unterhaltsam ist und die stets wiederkehrende Frage aufgreift – wer ist hier eigentlich verrückt und wer normal?

Gutsbesitzer Klapproth jedenfalls möchte bei seinem Besuch in der Großstadt Berlin endlich mal was erleben, womit er seine Stammtischbrüder ausstechen kann. Also wünscht er sich von seinem Neffen Alfred einen Besuch in einer Irrenanstalt, die neuerdings – so hat er’s schließlich in der Zeitung gelesen – Soireen veranstalten. In seiner Not führt Alfred den Onkel in die Pension Schöller, in der allerlei eigentümliche Gäste verkehren. Doch dann wird Klapproth die Geister nicht mehr los, die er rief…

Drei Verfilmungen dieses Stoffes – 1930, 1952, und 1960 – hat es gegeben, in denen brillante Komiker wie Theo Lingen, Paul Henckels und Rudolf Vogel mitwirkten. In Marburg nun wird dieser Klapproth zu einer Paraderolle für Peter Radestock, der einen kindischen Spaß an modernen Apparaten und verrückten Geschichten hat und der langsam, aber stetig sich in seine eigenen Hirngespinste verstrickt und nur mühsam – sehr zum Vergnügen des Premierenpublikums am Samstagabend im Theater am Schwanhof – seinen Kopf aus der Schlinge ziehen kann.

Dabei finden alle 13 Akteure das richtige Maß für Tempo und Witz, überdrehen die Boulevardkomödie nicht unnötig zur Klamotte. Schließlich haben die Autoren ihre Figuren sowieso schon mit allerlei Macken versehen. Da wäre zum einen der deklamierende Eugen Rümpel – bei Stefan Gille in allerbesten Händen –, der sich trotz seines Sprachfehlers – statt einem »L« kommt ihm nur ein »N« über die Lippen – an immer neuen »tonnen Ronnen« versucht. Aber auch die wissbegierige Schriftstellerin der Ulrike Knobloch ist mit ihrer schwergewichtigen Reiseschreibmaschine nicht ohne. Und den Vogel schießt Markus Klauk ab, der gleich zwei merkwürdige Zeitgenossen verkörpern darf: den aus Kaisers Zeiten übrig gebliebenen Major Gröber und den Löwenjäger und Abenteurer Fritz Bernhardy.

Auch Pensionswirt Schöller wird bei Thomas Streibig zu einer köstlichen Karikatur. Und Schöllers Schwägerin – ein wirklich imposanter Gag – wird resolut von Nikolas Deutscher dargestellt. Franziska Knetsch ist die »Wuchtbrumme« von Tochter.

Geradezu bodenständig wirkt da das übrige Personal: Christine Reinhardt als Klapproths Schwester, Markus Penne als Neffe Alfred und Daniel Sempf als Maler Kissling. Doch offen bleibt die Frage: Wer ist hier nun normal und wer verrückt?
Marion Schwarzmann



Marburger Forum

„Pension Schöller“ ist eine niedliche, kleine Klamotte aus der Zeit der Jahrhundertwende, gerne gespielt auf erprobten Bühnen im deutschsprachigen Raum und nunmehr auch im Marburger Schauspielhaus. In einer von einer Unzahl an Krisen gebeutelten Welt sicherlich Balsam für die enervierte Seele: doch leider ist diese mittlerweile von actiongeladenen, sprudelnden, alles Irrwitzige der Welt zusammentragenden Komödien made in Hollywood und sogar made im Fernsehen verwöhnt. Das heißt also im Klartext, was seinerzeit dem Berliner Publikum (denn für dieses wurde das Stück entworfen) den Beinahe-Erstickungstod durch Lachen brachte – der von seinem Idealismus verfolgte Weltreisende, der ausgemusterte, aber nicht minder aggressive Militär, die heiratswütige Schwiegermutter in Spee und der schnippische Backfisch (nur um einige der vorgeführten Charaktere, besser: Typen zu listen) – lassen das heutige Publikum zwar schmunzeln, doch vom Hocker reißt ein solches Stück längst nicht mehr, dazu hätte es einer kräftigen Überarbeitung der Charaktere bedurft bzw. einer auf tagespolitische Ereignisse anspielenden Improvisation durch die Künstler selbst. Unsere Kultur-, Politik- und Wirtschaftslandschaft, selbst die ausschließlich auf Hessen zentrierte, hätte hier sicherlich genügend Stoff geliefert.

All dies ungeachtet, hatte die Marburger Premiere aber durchaus „ihre“ Momente: beim ehrfurchtheischenden Auftritt Frau Amalie Pfeiffers (Nikolas Deutscher), vom Absatz bis zur rosa Hutfeder gut 2m dräuendes Schwiegermuttermaß, den extatischen Seufzern ihrer Tochter Frederike (Franziska Knetsch), einem in Trotz, Frechheit und Verlangen Miss Piggy nicht unähnlichem Geschöpf, und vor allem den diversen Begeisterungsausbrüchen des Weltenbummlers Fritz Bernhardy (Markus Klauk), der den Protagonisten der Komödie, Philipp Klapproth alias Peter Radestock ungehemmt nötigt, in den Freundentaumel ob der noch zu bereisenden Länder einzustimmen.

Überhaupt zeigte sich Radestock an diesem Abend von seiner besten Seite. Er war der Motor des Stückes, derjenige, der mit seiner lebendigen Wendigkeit darauf hinwies wie es hätte sein können. Aber, wie heißt es so schön: Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer und den Federn dieser Luftbewohner, die gelegentlich über die Bühne schwebten, wurde durch mangelndes Tempo der Inszenierung der Auftrieb genommen – oder sie verklebten gar den Spielenden die Zunge, denn diese konnten sich offensichtlich nicht entscheiden, ob sie nun Hochdeutsch oder Berlinerisch sprechen sollten.

Dennoch zeigte sich das Marburger Publikum generös, lachte wohlerzogen, klatschte bereits während der Aufführung Beifall, und erst recht als der Vorhang gefallen war.

Also trotzdem: Ein langes und glückliches Spiel den Vätern der Klamotte in Marburg!

Tanja v. Werner

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